Präsentation im Job:Schafft die Powerpoint ab

Powerpoint ist zum Synonym für die Präsentation geworden. Dabei haben die Folien große Nachteile.

Ihm hört leider keiner zu: Wer Folien zeigt, gibt die Aufmerksamkeit ab.

(Foto: NeONBRAND/Unsplash)

Hundert Stunden im Jahr basteln Berufstätige an den Folien herum. Spätestens jetzt steht fest: Sie sind der größte Irrsinn der Arbeitswelt.

Kommentar von Larissa Holzki

Vergesst den Datenschutz, vergesst Rückenprobleme: Der größte Pferdefuß der computerisierten Arbeitswelt sind Powerpointvorträge. Etwa hundert Stunden im Jahr zerstückeln Angestellte und Freiberufler ihre Gedanken in Bulletpoints. Das Beamerflimmern ist Usus geworden, ohne Präsentation ist es keine Präsentation. Schon Schüler und Studenten kriegen nur dann die volle Punktzahl auf ihr Wissen, wenn sie es hübsch formatieren können. Dabei geht der Zugewinn durch Folien gegen null, sagen Bildungsforscher - für Zuhörer wie für Redner.

Für Unternehmen sind Powerpointpräsentationen damit ein untragbarer Zeit- und Kostenfaktor, für Keynote, Prezi und Google-Präsentationen gilt das analog. Unternehmen stöhnen über Fachkräftemangel, aber Informatiker und Elektrotechniker passen Schriftarten an und fügen bunte Bilder ein? Das darf nicht sein. Aus Sicht des Präsentationsdienstleister I-Pointing, der den durchschnittlichen Zeitaufwand von einem Marktforschungsinstitut hat ermitteln lassen, ist die Schlussfolgerung eindeutig: Es lohnt sich, Powerpointprofis zu engagieren. Die beste Lösung wäre allerdings noch günstiger: Schafft die Folien einfach ab!

Der Nutzen einer Powerpoint-Präsentation ist keine Qualitätsfrage. Ob 15 Zeilen Text in zitronengelber Schrift oder Profi-Präsi: Zuhörer merken sich nur unwesentlich mehr, wenn ihnen die wichtigsten Argumente schriftlich präsentiert werden, sagen Forscher, die das untersucht haben; für Grafiken und Bilder können sie nicht mal das belegen. Klar, die Bauanleitung für einen neuen Lift mag der Laie mit einer Zeichnung schneller verstehen, ein Ultraschallbild ist schwer zu beschreiben. Darüber hinaus aber gibt es kaum Ausreden.

Wer etwas zu sagen hat, braucht keine Powerpoint, hat auch Steve Jobs mal gesagt - und seine Präsentationen gelten als legendär (wobei Abbildungen eines neuen iPhones gewissermaßen in die Ultraschall-Kategorie gezählt werden dürften). Tatsächlich gilt sogar: Wer gehört werden will, darf keine Powerpoint zeigen. Wenn Menschen eine Folie anschauen, können sie später möglicherweise die gebeamten Sätze erinnern, aber nicht, was dazu gesagt wurde, auch das haben die Tests ergeben. Das lässt Vortragenden genau zwei Möglichkeiten: Entweder schreiben sie alles auf - dann machen sie sich überflüssig. Oder sie handhaben es umgekehrt.

Für manchen mag es eine erlösende Nachricht sein, dass Powerpointpräsentationen ihren Schöpfer verschwinden lassen. Wer schon beim Gedanken an eine bevorstehende Präsentation zu schwitzen beginnt, kann sich damit beruhigen, dass er nur als Schatten im Folienkino wahrgenommen wird.

Besser wäre es allerdings, wenn schon Schüler und Studenten lernen, mit echter Aufmerksamkeit umzugehen, wenn Chefs Arbeitnehmer ermutigen, ihre Zeit nicht für Schriftgrößenfeintuning zu nutzen, sondern um vor dem Spiegel oder einem Kollegen ihren Vortrag zu üben. Ein Unternehmen, das erfolgreiche Mitarbeiter braucht, muss ihnen die Chance geben, zu glänzen. Wer Karriere machen will, muss ein Interesse daran haben, wahrgenommen zu werden. Beides geht nur ohne Folie.

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